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OSTWIND MAZEDONIEN

Dzevat Nedzipovski

Dzevat Nedzipovski, 44 Jahre, aus Veles/Mazedonien

Geboren wurde Dzevat in Veles. Nach Deutschland gekommen ist er mit seinen Eltern 1988, im Alter von neun Jahren. Sein Vater musste mit seiner Familie aus der damals noch existierenden Sozialistischen Republik Jugoslawien flüchten, weil er sich– ein Polizeibeamter – betätigt hatte.

Dzevat sagt: „Ich bin in Trier aufgewachsen. Und seit 26 Jahren bin mit einer Frau, die aus Persien kommt, verheiratet. Wir haben drei Kinder und wohnen in Trier.“

„Bevor wir geflüchtet sind, hatte ich eine sehr schöne Kindheit. Wir haben in einem Ort etwas außerhalb von Veles gelebt. Es gab so zwischen 60 und 70 Häusern. Es gab viele gleichaltrige Kinder. Wir waren jeden Tag draußen und haben immer nur gespielt – wenn wir nicht gerade in der Schule waren. Ich habe schöne Erinnerungen an diese Zeit mit Verwandten, die in der Nachbarschaft lebten, und den Kindern aus dem Ort.“

„Deutschland – das war was komplett Neues. Ein ganz neues Leben – von Anfang an. Ich musste mir neue Freunde suchen, die Schule. Ich kam in die fünfte Klasse und war der einzige Ausländer, in der Geschwister-Scholl-Schule in Trier.(Anmerkung: Die Schule wurde Ende des Schuljahres 2008/09 geschlossen). Das war schon komisch. Ich wurde von den Schülern irgendwie komisch angeguckt. Das hat sich nicht gut angefühlt. Aber mit der Zeit wurde es besser, und ich wurde voll akzeptiert. Ich habe am Weidengraben immer mit den anderen Kindern Fußball gespielt. Dann kam jemand von VfL Trier auf mich zu. Er fragte, ob ich nicht Lust hätte in der Jugendmannschaft des Vereins zu spielen. Ich bin dann in den Verein und habe mich schnell integriert. Nach sechs Monaten sprach ich fließend Deutsch. Das auch eine schöne Kindheit. Ich habe schnell viele Freunde gefunden. Trier ist für mich eher meine Heimat als Veles. Meine Kindheit in Mazedonien hat mich nicht so sehr geprägt. Da habe ich nicht so viel mitgekriegt. Als Teen in der Pubertät nimmt man mehr wahr, weil man auch vieles erlebt.“

Skyline von Skopje, der Hauptstadt von Mazedonien

 

Deutschland und Mazedonien seien schon sehr verschieden, sagt Dzevat. „Natürlich sind wir als Menschen alle gleich. Aber die Menschen in Mazedonien beziehungsweise Ex-Jugoslawien sind fröhlicher. Die Gastfreundschaft ist mehr ausgeprägt. Die Menschen sind einfach offen, jeder ist willkommen – auch wenn man jemanden noch nicht kennt. Er ist trotzdem eingeladen. Im Gegensatz dazu mussten hier beispielsweise meine Freunde erstmal ihre Eltern fragen, ob ich mit zu ihnen nach Hause kommen darf. Beim ersten Mal gab es Zweifel. Sie waren einfach dagegen, dass ich mitkomme. Da habe ich mich nicht wohl gefühlt. Das war ein erster negativer Eindruck. In Mazedonien kennt man das nicht. Kleine Kinder? Klar! Komm! Jeder ist willkommen. Man kocht und isst zusammen. Das ist alles völlig normal. Hier war da diese Kühlheit. Aber was ich gut finde an den Deutsch: Sie sind direkt. Das ist sehr positiv. Ein Nein ist ein Nein, ein Ja ein ja. In unserer Kultur ist es oft so, dass man lieber Nein sagen würde, aber trotzdem Ja sagt – auch wenn man das gar nicht will. Mir geht es gut hier.“

Auch wenn Dzevat seit 34 Jahren in Deutschland lebt, so hat er doch seine mazedonischen Wurzeln nicht vergessen. „Ich habe in Deutschland vieles gesehen und erlebt. Und natürlich akzeptiere ich die deutsche Kultur und ich habe mich auch angepasst. Klar ist, dass ich diese Kultur auch an meine Kinder weitergebe. Man sucht sich aus beiden Kulturkreisen das beste raus. Was habe ich gelernt? Was ist vorteilhaft? Was kann ich weitergeben? Pünktlichkeit! In Mazedonien ist das nicht so wichtig. Wenn man 14 Uhr sagt, kann es auch schon mal 15 oder 16 Uhr werden.“ Er schätzt Pünktlichkeit, aber im Urlaub, wenn er in Mazedonien ist, da halte sich niemand an Zeitvorgaben. „Wenn man sich mit Freunden für 18 Uhr zum Essen verabredet, sitzt man dann erst mal alleine im Restaurant. Kein Anruf, keine taucht für lange Zeit auf – in Mazedonien ist das aber irgendwie normal. Das finde nicht so schön.“