Schlüssel zur jüdischen Kultur: Geschichte der Sepharden
Geschichte der sephardischen Juden von ihrer Ansiedlung in Spanien und Portugal bis zu ihrer Vertreibung
Referent Günter Heidt, Historiker
22.05. | 19.30 Uhr | KulturGießerei
Eintritt 5 € Abendkasse
Der Historiker Günter Heidt gibt einen Einblick in die Geschichte der sephardischen Juden. Er führt uns von ihren Anfängen um 250 vor Christus in Hispanien bis zu ihrer Vertreibung im 15. Jahrhundert nach Christus.
Bei dem Wort „sephardisch“ handelt es sich um eine Entlehnung aus dem hebräischen יִדַרָפְס / יִּדַרָפְס (DMG: sfāradī, sefāradī / sfāraḏī, sefāraḏī ), dem Namen der im Alten Testament genannten Landschaft „Sefarad“, die später mit Spanien gleichgesetzt wird. Das Goldene Zeitalter des spanischen Judentums dauerte von 850 bis ca. 1030 nach Christus. Im Emirat und Kalifat von Córdoba entstanden Elite-Universitäten-ähnliche Übersetzerschulen, in der das Wissen aus Orient und Okzident durch Angehörige der sogenannten „Drei Kulturen“ übersetzt und so allgemein verfügbar gemacht wurde. Nach Zerfall des Kalifats liegt das Schicksal der Sepharden in Händen des jeweiligen lokalen Emirs. Bei manchen steigen Juden zu Ministern und Verwaltern auf, in anderen Gebieten werden sie lediglich geduldet.
Als die radikal-islamischen Berberstämme der Almoraviden und Almohaden Andalusien (Al-Ándalus) an sich reißen, fliehen viele Juden vor vernichtendem Terror in den Maghreb oder nach Kastilien. Nach einer kurzen Blütezeit und Koexistenz der drei Kulturen vom 12. bis zum 14. Jahrhundert beginnen bereits 1391 Pogrome, die im 15. Jahrhundert nach dem „Edikt von Granada“ (1492) zur systematischen Ausweisung und Enteignung der jüdischen und muslimischen Spanier unter der Herrschaft der katholischen Könige führen.
Das Zusammenleben von Juden, Muslimen und Christen und ihre gegenseitigen kulturellen Beziehungen
Referent Günter Heidt, Historiker
24.07. | 19.30 Uhr | KulturGießerei
Eintritt 5 € Abendkasse
Die Zeit der islamischen Herrschaft wird häufig als „Goldenes Zeitalter“ für die jüdische Kultur in Spanien bezeichnet. Aufgrund der Möglichkeiten der Entfaltung jüdischen Lebens kam es auch zu einer Zuwanderung von Juden von außerhalb. Über den Kontakt mit arabischen Schriftgelehrten und dem arabischen Schrifttum bekamen sephardische Gelehrte Zugang zum tradierten Schrifttum der Antike (Schriften des Aristoteles usw.). Viele jüdische Gelehrte übernahmen auch die arabische Schrift und Sprache und stiegen zum Teil in hohe Staatsämter unter dem Kalifat von Córdoba auf.
Juden und Araber entwickeln dabei eine sehr enge, fast symbiotische Beziehung. Die Juden übernehmen die Kleidung und Bräuche der Araber, tragen Seidengewänder und Turbane, sprechen ihre Sprache und singen und spielen Musik, die arabisch klingt, mit ihren Schnörkeln und Melismen.
Die Gedichte der Sepharden, ihre Erzählungen, ihre Balladen sind oft melancholisch, als sei der Schmerz über die verlorene Heimat ihre geistige DNA. Auf Judezmo singen die Sepharden ihre Romanzen, eine jüdisch-spanische Sprach-Melange. Aber hier endlich dürfen auch die Frauen singen, in der Synagoge ist ihnen das ja verboten, und sie erzählen vom Leben und Leiden der Sepharden. Die jüdisch-hebräische Lyrik erblühte auf der Iberischen Halbinsel zwischen dem 10. und 15. Jahrhundert in der Begegnung mit der arabischen Kultur. Sie ist ein Teil des Reichtums der Geschichte und der Kultur Spaniens.
Die Sepharden nach 1492 in Europa, dem Maghreb und dem Osmanischen Reich und ihre Rolle in Israel heute
Referent Günter Heidt, Historiker
25. 09. | 19.30 Uhr | KulturGießerei
Eintritt 5 € Abendkasse
Das Alhambra-Edikt von 1492 ließ den Juden Spaniens die Wahl zwischen der Konversion zum Christentum und dem Exil, anderenfalls drohten Beschlagnahmung aller Güter und Tod. Viele zogen die Auswanderung der Taufe vor. Ein Teil der Exilanten ließ sich in Nordafrika nieder, vor allem in den Städten Fès und Meknès in Marokko. Ein weiterer Teil folgte der Einladung ins Osmanische Reich, die auf einen persönlichen Erlass des Sultans zurückging. Sie ließen sich vor allem in Thrakien, Bosnien und Makedonien nieder, dessen Hauptstadt Thessaloniki in den 1920er Jahren einen jüdischen Bevölkerungsanteil von etwa 20 Prozent aufwies.
Als Zentren der sephardischen Diaspora galten neben Fès und Thessaloniki die Städte Istanbul, Jerusalem, Safed, Kairo, Ancona, Edirne und Venedig. Nach 1497 flohen portugiesische Sepharden nach Amsterdam, London und Hamburg, wo sie mit ihren Handelsbeziehungen die West- und Ostindischen Handelskompanien mit entwickelten. In den 1950er Jahren kamen Massen von Sepharden nach Israel, wo sie gegenüber den dominierenden Ashkenasen (Juden aus Europa und USA) als untere Klasse angesehen wurden. Heute gehören ca. 40 – 60% der 2. und 3. Generation dieser Sepharden der Mittelklasse an, sie haben einen eigenen Oberrabbiner. Die Ultraorthodoxen unter ihnen finden sich in der Shas-Partei wieder. Spanien und Portugal vergeben heute wieder die Staatsangehörigkeit an die Nachkommen der Sephardim.
Fotos auf dieser Seite: © Dr. Anette Barth, Günter Heidt